Mentale Gesundheit: Was Führungskräfte wirklich tun können
- Aurelia Hack
- vor 2 Tagen
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Aktualisiert: vor 10 Stunden

Lesedauer: ca. 6–8 Minuten
Kennst du das auch? Ein Teammitglied zieht sich zurück. Ist stiller als sonst, wirkt irgendwie „nicht ganz da“. Du fragst nach – „Alles okay bei dir?“ – und bekommst ein kurzes „Ja, passt schon.“
Mir ist das früher öfter passiert. Ich hatte das Gefühl, da stimmt was nicht. Aber ich war unsicher: Darf ich da weiterfragen? Gehört das zu meiner Rolle? Und was, wenn ich’s falsch mache?
Heute weiß ich: Mentale Gesundheit lässt sich nicht outsourcen. Sie ist keine reine HR-Aufgabe. Sie beginnt dort, wo Führung Kultur mitgestaltet – im Kleinen, im Alltag, oft zwischen den Zeilen.
Was bedeutet „mentale Gesundheit am Arbeitsplatz“ wirklich?
Oft wird das Thema mit psychischen Erkrankungen gleichgesetzt. Doch mentale Gesundheit umfasst viel mehr: Es geht um das emotionale Grundklima, in dem Menschen arbeiten.
Fragen wie:
Darf ich hier auch mal überfordert sein – oder muss ich funktionieren?
Wird nur Leistung gesehen – oder auch Belastung?
Habe ich das Gefühl, offen sprechen zu können – oder ist Schweigen sicherer?
Die Antwort auf diese Fragen hängt maßgeblich vom Führungsverhalten ab.
Laut der AOK-Fehlzeitenanalyse 2022 nennen 77 % der Befragten das Verhalten der Führungskraft als entscheidenden Faktor für ihre psychische Gesundheit bei der Arbeit. Und: Laut Gallup steigt die Wahrscheinlichkeit für Burnout signifikant, wenn Mitarbeitende das Gefühl haben, nicht gesehen oder emotional unterstützt zu werden.
Warum Führung mental gesund sein muss, bevor sie andere stärkt
Führungskräfte stehen oft selbst unter Druck – und ignorieren dabei die eigenen Grenzen. Sie funktionieren, statt zu führen. Doch wer dauerhaft über seine eigenen Belastungen hinweggeht, verliert nicht nur Energie, sondern auch die Verbindung zum Team.
Mentale Gesundheit fängt also bei der Selbstführung an. Wer eigene Ressourcen kennt, auf sie achtet – und offen damit umgeht – sendet ein starkes Signal: Hier darfst du auch Mensch sein.
Drei konkrete Hebel für Führung, die mentale Gesundheit stärkt
🟡 1. Zeig dich als Mensch, nicht nur als Funktion
Viele Führungskräfte glauben, sie müssten „stark“ wirken – und verwechseln das mit „unangreifbar“.Doch das Gegenteil ist der Fall: Verletzlichkeit schafft Verbindung.
Sag z. B. in einem Team-Check-in:„Heute war viel. Ich merke, dass ich mich gerade schwer konzentrieren kann.“ Oder: „Ich habe gemerkt, dass ich diese Woche zu wenig Pausen gemacht habe – das will ich nächste Woche besser machen.“
Was passiert?
Du normalisierst Belastung.
Du öffnest einen Raum, in dem andere sich ebenfalls zeigen können.
Du führst durch Vorbild, nicht durch Erwartung.
🟡 2. Sprich über Energie – nicht nur über Leistung
In vielen Unternehmen geht es um Output, Effizienz, Zielerreichung. Alles berechtigt – aber zu einseitig. Wer nur Leistung abfragt, übersieht das Entscheidende: Woher kommt die Energie eigentlich? Und was zehrt an ihr?
Fragen für dein nächstes 1:1 oder Teammeeting:
„Was hat dir diese Woche Energie gegeben?“
„Was war anstrengend – und warum?“
„Wie können wir als Team darauf reagieren?“
Diese Fragen helfen dir, Frühwarnzeichen zu erkennen, bevor Motivation kippt oder Belastung zum Problem wird.
🟡 3. Gestalte gesunde Routinen bewusst mit
Mentale Gesundheit entsteht nicht nur im Gespräch, sondern auch in der Struktur des Alltags. Führungskräfte können hier viel bewegen – oft mit kleinen, aber wirksamen Signalen.
Beispiele:
No-Meeting-Zeiten einführen (z. B. keine Meetings vor 10 oder freitags ab 14 Uhr)
Pausen sichtbar machen: „Ich mache jetzt 30 Minuten Mittagspause – bis gleich!“
Grenzen achten & kommunizieren: Mails nach 18 Uhr vorplanen statt sofort senden
Warum das wichtig ist? Weil Kultur nicht in Leitsätzen entsteht – sondern in Routinen. Und Führung hat hier eine Vorbildfunktion.
Bonus: Was du tun kannst, wenn du Sorgen um ein Teammitglied hast
Geh ins Gespräch – frühzeitig, ruhig, ohne Druck
Wähle Ich-Botschaften: „Mir ist aufgefallen, dass du dich gerade sehr zurückziehst. Ich mache mir ein bisschen Sorgen.“
Höre aktiv zu – ohne vorschnelle Lösungen
Wenn du unsicher bist: Hole HR oder Betriebsärzt:innen hinzu, bevor du dich überforderst
Du musst keine Therapeutin sein. Aber du kannst ein Mensch sein, der zuhört, unterstützt und Handlungsspielräume aufzeigt.
Fazit: Mentale Gesundheit ist Führungsaufgabe – und Zukunftsfaktor
In einer Arbeitswelt voller Wandel, Belastung und Geschwindigkeit brauchen Menschen etwas anderes als dauerhafte Zielorientierung. Sie brauchen ein Umfeld, das auch Raum für Unsicherheit lässt. Das nicht nur Leistung sieht, sondern auch den Menschen dahinter.
Führung, die mentale Gesundheit stärkt, baut keine Mauern – sondern Brücken. Brücken zu Vertrauen, Motivation und echter Bindung.
💭 Reflexionsfrage zum Mitnehmen:
Was tust du heute konkret, um für deine eigene mentale Gesundheit zu sorgen – und wie sichtbar machst du das in deinem Team?
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